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Mit modernen Konsumenten ist nicht zu spaßen. Computerspiel-Gigant EA erfährt das gerade auf die harte Tour. Was man aus dem „Sim-City“-Desaster um DRM, eine enttäuschte Community und mangelhafte Kundenorientierung lernen kann.

Den 5. März 2013 hatte sich EA sicher anders vorgestellt. Der Launch von Sim City V. hätte eigentlich ein Triumph werden sollen. Stattdessen ging er ziemlich in die Hose – denn die heiß ersehnte neue Version der Kult-Städtebau-Simulation war für viele Käufer tagelang unspielbar.

Die enttäuschten Kunden machten ihrem Unmut entsprechend lautstark Luft, Fachmedien korrigierten ihre Bewertungen nach unten, Amazon nahm den Titel zeitweilig aus dem Programm und einige Fans starteten sogar eine Petition für einen Offline-Modus auf change.org mit aktuell fast 80.000 Zeichnern (Stand 17. März).

Das Schlimmste an der ganzen Geschichte? Das Problem war hausgemacht. EA’s DRM-Schutz setzt eine permanente Verbindung zu den Origin-Spieleservern voraus, die jedoch durch den Ansturm komplett überlastet waren und so das Spielen unmöglich machten. Einen Offline-Modus hatte EA bewusst nicht integriert – laut einem später veröffentlichten Statement, um die „Vision des Spiels“ zu wahren. Sehr viel wahrscheinlicher aber, um es Raubkopierern schwerer zu machen und mit Mikro-Transaktionen im Spiel jede Menge zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Der Sim City-Fail zeigt erneut, wie sehr das Verhältnis zwischen Marken und Konsumenten sich in der digitalen Ära verschoben hat. Hier ein paar Thesen, was Marken und Unternehmer daraus lernen können.

1. Denk zuerst an den Konsumenten.

Egal, was Dein Unternehmen heute produziert – Denk immer zuerst an die Interessen der Kunden, nicht an Deine eigenen. Mach die Produkte einfacher benutzbar und reduziere Hürden, statt neue zu bauen. „Consumers first“ ist keine Trendfloskel, sondern essentiell, um in der digitalen Welt als Unternehmen erfolgreich zu sein.

EA hat bei Sim Citys-DRM Schutz offensichtlich nur an sich gedacht, nicht an den Spielspass der Nutzer. Maßnahmen gegen Software-Piraterie sind verständlich und aus unternehmerischer Sicht nachvollziehbar. Aber wenn dadurch zahlende Nutzer kriminalisiert werden – ein Zwang zur ständigen Online-Verbindung mit den DRM-Servern ist nichts anderes – und ein Produkt auch noch unbenutzbar wird, braucht man sich über einen Entrüstungssturm nicht wundern.

2. Hör der Community zu.

Egal, wie groß und erfolgreich Dein Unternehmen heute ist – Hör den Menschen zu, die Deine Produkte kaufen und rede dann mit ihnen. Loyale Kunden sind das größte Kapital, dass ein Unternehmen haben kann. Es ist ok, wenn Du nicht jeden ihrer Wünsche erfüllen kannst, aber sag ihnen wenigstens, warum. „Kommunikation auf Augenhöhe“ ist ein Satz, der nicht umsonst seit Jahren in allen Social Media-Ratgebern steht.

EA hat bei Sim City scheinbar bewusst Wünsche der Spieler-Community ignoriert. Ein Offline-Modus und die Möglichkeit, größere Städte ohne die aktuellen Limitierungen zu bauen, sollen Monate vor Launch heiß in den Community-Foren diskutiert worden sein – wurden im Spiel aber nicht umgesetzt.

Diese Entscheidung kann man aus unternehmerischen Gesichtspunkten treffen. EA hat anscheinend aber nie die Community informiert, warum. Ein Schlag ins Gesicht, denn gerade den Core Gamern verdankt EA sehr viel. Warum sie nicht ins Boot geholt wurden, bleibt ein Rätsel. Ein kleines Zugeständnis an sie, oder z. B. eine exklusive Special Edition mit den gewünschten Features wären eine Option gewesen. Wer loyale Fans so mit Füßen tritt, darf sich nicht wundern, wenn sie sich künftig abwenden und andere Produkte kaufen.

3. Lebe Deine Werte konsequent.

Egal, wie beliebt und etabliert Dein Unternehmen heute ist – Handle konsistent nach den Werten, die Du Dir auf die Fahne schreibst. Kunden lassen sich nicht (mehr) von schönen „Mission-Statements“ oder abgehobene „Marken-Visionen“ einlullen, wenn sie das Unternehmen in der Realität ganz anders erleben. Wer nicht verlässlich abliefert, was er verspricht, hat das Vertrauen schnell verspielt.

EA hält in seinen „EA-Actions“ Werte wie Verlässlichkeit, Kundenorientierung und Qualität hoch, die bei „Sim City“ scheinbar in die Tonne getreten wurden. Derzeit wird die mysteriöse Email eines angeblichen EA-Mitarbeiters diskutiert, in der er EA vorwirft, mit der Sim City-Publishing-Strategie die eigenen Werte komplett verraten zu haben.

Ob die Email authentisch ist oder nicht, sie hat scheinbar einen Nerv getroffen. Die Reaktionen darauf zeigen, dass viele Kunden die Enttäuschung teilen. Es wird sich zeigen, welche Folgen sich langfristig für EA ergeben. Fakt ist, dass es in Zeiten zunehmender Transparenz immer wichtiger wird, Werte wie Kundenorientierung wirklich zu leben – und sie nicht nur als hochglanzpolierte Werbebotschaften zu behandeln.

Fazit:

Der Wind wird zunehmend rauer für Unternehmen, die sich nicht an die Gegebenheiten einer digitalen Welt anpassen, in der die Macht des Konsumenten beständig wächst. Dabei geht es nicht darum, ob aus einem Fehler ein kommunikativer „Shitstorm“ wird. Die sind häufig überschätzt und oft eher ein laues Lüftchen, das schnell wieder vorbei ist.

Es geht darum, wie Unternehmen sich heute aufstellen und verhalten, damit sie auch in Zukunft noch Kunden für ihre Produkte oder Services haben. Kundenorientierung, Transparenz und Verlässlichkeit sollten im Zentrum aller Bemühungen stehen, um so langfristig das Vertrauen aufzubauen, das in Zukunft das Überleben des Unternehmens sichert.

Um beim EA-Beispiel zu bleiben: Es ist vorstellbar, dass das Sim City-Desaster nur von kurzer Dauer ist und keine längerfristigen Auswirkungen auf das Unternehmen hat. Vielleicht ist es aber der Beginn einer Krise, wenn EA nicht gegensteuert und sich zukünftig mehr auf die Kunden konzentriert. Es gibt da die Geschichte eines Spielefans, der sich „Sim City“ legal gekauft hatte und das Spiel trotz wiederholten Versuchen nicht zum Laufen brachte. Er besorgte sich dann kurzerhand die Crack-Version und startete diese mit 3 Klicks. Ganz easy, einfach so. Ob er nochmal ein EA-Spiel legal kauft, wird sich zeigen.

Image Credits:

Foto von Scott Webb, Flickr / CC BY-NC-SA 2.0

Alex Glasneck

Alex Glasneck ist Strategy Consultant für Brand, Digital & Experience. Er berät Unternehmen zu Digitalisierung und Innovation - und schreibt über Chancen und Risiken der neuen, digitalen Welt.

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