Content Marketing, Branded Content, Native Advertising: Immer mehr Unternehmen versuchen, mit Inhalten bei Konsumenten zu punkten. Leider fällt vielen bis auf digitale Geschäftsberichte wenig ein. Hier sind 8 Content Marketing-Beispiele von Marken, die zeigen, wie es auch anders geht.
Quo vadis, Content Marketing?
Content Marketing ist Trend. 89% der Unternehmen im deutschsprachigen Raum betreiben „inhaltegetriebene Kommunikation“ und investieren dafür 3 Milliarden Euro pro Jahr (Quelle: BCP-Basisstudie 2014). Die veröffentlichten Inhalte selbst sind oft aber eher ernüchternd: Kunden-Magazine und Geschäftsberichte jetzt auch in digital, statt nur als Print-Version.
Sicher, für viele Marken und Branchen funktioniert diese Form der “Broadcast”-Public Relations noch bestens. Häufig werden jedoch Inhalte produziert, die sich so stark um das Unternehmen und seine (positive) Selbstdarstellung drehen, dass man sich fragt: Wer liest so etwas überhaupt freiwillig?
In einer Zeit, in der aufgeklärte Konsumenten von Marken Transparenz, Dialog auf Augenhöhe und Kundenorientierung verlangen, geht es um Relevanz statt schnöde Eigenwerbung.
„Keine Sau wartet auf Corporate Content.“
Spannender sind darum Content Marketing-Ansätze, die sich an realen Problemen und Bedürfnissen von Menschen orientieren. Die versuchen, Lösungen anzubieten und Mehrwerte im Kontext der Marke zu schaffen, ohne das Unternehmen permanent in den Vordergrund zu rücken. Die folgenden Beispiele zeigen, wie Marken aus verschiedenen Branchen genau das tun – und dabei die Grenzen von Corporate Publishing, klassischer Werbung, Service Design und Produkt-Innovation zunehmend verwischen.
1. Schwarzkopf | Schwarzkopf.de
Vom Haarwaschmittel-Produzent zum Haarpflege-Berater: Schwarzkopf liefert Antworten auf alle Fragen rund um das Thema Haare – und positioniert sich so als Haarexperte, an dem online niemand vorbei kommt.
Die Schwarzkopf-Website ähnelt seit 2011 mehr einem Magazin als einer Corporate Website. Hier finden Männer und Frauen hochwertige Artikel und Tutorials rund um das Thema Haarpflege, Styling, Trend-Looks etc., sowie Promotions, Events und Behind-the-scenes-Footage.
Schwarzkopf-Produkte tauchen dabei nur dezent auf und sind organisch in z. B. Produktberater-Tools eingebunden. Interessanterweise gibt es auf der Seite keinerlei Conversion-Element wie z. B. ein Formular zur Adressgenerierung für Newsletter o.ä., wodurch Potential verschenkt wird.
Link: www.schwarzkopf.de
2. Red Bull | Mediahouse
Vom Energy-Drink-Hersteller zum Media-Unternehmen: Red Bull bietet spektakuläres Entertainment rund um Motorsport, Bike, Skate- & Snowboarding, Surfen, E-Sports, Games und Musik – und gehört so zu den ersten Anlaufstellen für Fans schneller (Extrem-)Sportarten und Lifestyle-Themen.
Red Bull bespielt mit seinen Inhalten diverse Website-Hubs und Apps, ist in allen sozialen Medien vertreten und unterhält eigene TV- und Radio-Sender. Die Content-Fülle, -Qualität und -Bandbreite des Red Bull Mediahouse ist erdrückend und reicht von Bewegtbild (u.a. Feature-Filme, Dokumentationen, Magazine auf Red Bull-TV bzw. TV-Online) über Text&Bild-Content (Print- und Online-Magazin Red Bulletin) Nicht zu vergessen natürlich spektakuläre Live-Events wie das Red Bull Air Race und Publicity Stunts wie Red Bull Stratos, bei denen die Grenze zwischen Sponsoring und Live-Content Marketing verschwimmt.
Das Red Bull-Branding ist dabei immer präsent, das eigentliche Produkt eher selten. Bei knapp 40 Mrd. verkauften Dosen und riesiger Markenbekanntheit keine schlechte Strategie – zumal sich der Getränkehersteller mittlerweile selbst auch eher als „a media company that happens to sell energy drinks” sieht.
Link: www.redbull.com
3. E-Plus | Curved Magazine
Ein Telekommunikations-Anbieter als Online-Portal-Betreiber: E-Plus veröffentlicht News, Tests, Tutorials, Interviews und Berichte rund um Technologie und digitale Lifestyle-Trends – und liegt damit bei Google ganz weit vorne.
Mit Curved verfolgt E-Plus eine sehr mutige Content-Strategie. Das Online-Portal bietet eine Fülle von Informationen zu digitalen Produkten und Trends, an denen man in der Google-Suche nicht mehr vorbei kommt. Die Qualität und Aktualität der Contents zu Smartphones, Tablets, Apps, Gadgets und Co. kann durchaus mit vergleichbaren Platzhirschen wie Mashable und The Verge mithalten. Dazu gehören mittlerweile auch diverse Videos auf dem eigenen Youtube-Channel, die für zusätzliche Reichweite über die zweitgrößte Suchmaschine der Welt sorgen.
Curved ist redaktionell unabhängig und enthält kein sichtbares E-Plus-Branding. Produkte und Services von E-Plus und Sponsoren sind jedoch als Image-Ads eingebunden. War Anzahl und Auffälligkeit der Anzeigen initial noch gering, finden sich mittlerweile mehr davon an prominenteren Positionen. Es wird interessant zu beobachten sein, ob Nutzer davon abgeschreckt werden oder verstehen, dass hochwertige Inhalte mit Mehrwert auch finanziert werden müssen.
Link: curved.de
4. American Express | Open Forum
Vom Finanzdienstleister zum Unternehmensberater: American Express liefert Antworten und Austausch-Möglichkeiten zu Business-Fragen – und etabliert sich so als kompetenter Ansprechpartner für Unternehmer.
Auf der Online-Plattform Open Forum finden Nutzer informative Artikel, Insights und Tutorials zu Themen wie Marketing und Finanzierung; können sich über Foren und Q&A-Features mit anderen Unternehmern austauschen; sowie über Networking-Tools und Live-Events wertvolle Geschäfts-Kontakte knüpfen. Dem Anspruch, ein Social Network für Unternehmer zu werden, wird das Open Forum nicht zuletzt durch massive Integration von Linkedin gerecht.
American Express-Produkte und Services sind zwar als Meta-Navigation sichtbar, aber sonst nicht präsent – wodurch die Plattform ein Paradebeispiel für unaufdringliches Content Marketing ist, bei dem Nutzer-Bedürfnisse im Fokus stehen.
Link: www.openforum.com
5. Home Depot | DIY-Guides
Vom Baumarkt zum DIY-Ratgeber: Home Depot unterstützt Handwerker mit Inspirationen, Tipps und Tutorials für Bau-Projekte aller Art – und etabliert sich so als verläßliche Anlaufstelle für Hobby-Bastler und Bau-Profis.
Home Depot bietet Anregungen und Hilfestellungen rund ums Heimwerken auf diversen Plattformen: Von Pinterest-Boards mit Einrichtungs-Ideen über DIY-Videos auf dem Youtube-Channel für Einsteiger und Produkt-Videos für Profis bis zu Feiertags-Deko-Tipps im eigenen Blog.
Die Home Depot-Website enthält einen eigenen DIY-Projekte-Bereich mit zahlreichen Informationen und Services: Anleitungen zum Malern, Streichen, Klempnern etc.; Ideen für Dekoration, Gartenbau etc.; Q&A-Sektion für alle Fragen rund ums Heimwerken; Projekt-Kalkulatoren und Checklisten; und Community-Forum zum Austausch mit Experten und anderen DIY-Fans.
Die Produktpräsenz ist durch das Online-Shop-Umfeld naturgemäß groß, es gibt jedoch keine aggressiven Call to Actions zum Kauf. Stattdessen überwiegt der Service-Gedanke – was durch kostenlose Workshops in Märkten noch unterstrichen wird.
Link: www.homedepot.com/c/diy_projects_and_ideas
6. Nike | Nike+
Vom Sportschuh-Hersteller zum innovativen Fitness-Trainer: Nike bietet Trainings-Tipps, Services und Produkte, mit denen Sportler sich selbst verbessern und mit anderen messen können – und bei denen die Grenzen zwischen Content Marketing, Service und Produkt Design verschwimmen.
Nike bietet Menschen weltweit eine Fülle an nützlichen, unterhaltsamen und inspirierenden Inhalten über zahllose Social Media Accounts an. Es beginnt bei hochwertigen Youtube-Videos (z. B. auf dem Nike-Brandchannel) – von Marken/Image-Spots, über Tutorials/How-Tos mit Testimonials, bis zu aufwendig inszenierter Produktwerbung – und hört mit Bild-Content auf Instagram noch lange nicht auf.
Auf der Nike+-Plattform können Sportanfänger und -fortgeschrittene individuelle Trainings-Tipps von Profis erhalten, ihre persönlichen Sport-Aktivitäten aufzeichnen und sich mit anderen messen. Durch das Teilen der persönlichen Leistungen der Nutzer wird aus dem Produkt selbst heraus Content erzeugt, der für sie relevant ist und gleichzeitig Werbung für die Plattform in ihren Netzwerken macht. Zusätzlich bietet Nike kostenlose Smartphone-Apps für verschiedene Sportarten mit spezifischen Funktionen an: z. B. die Nike+ Lauf-App, die Nike Skateboard-App, die Nike Basketball-App, Nike Football-App und die Nike Training Club-App (zu der es auch noch ein X-Box Kinect Software-Pendant gibt).
Die Nike-Produkte sind im Plattform-Umfeld immer präsent und der Online-Shop nur einen Klick entfernt. Nike+ und die Apps selbst sind meist aber auch ohne die separat angebotenen Tracking-Chips, Uhren, Schuhe, etc. nutzbar. Für viele Nutzer dürfte die ganzheitliche Markenerfahrung jedoch ein gewichtiges Kaufargument sein.
Link: nikeplus.nike.com
7. GoPro | Youtube-Channel
Vom Kamera-Hersteller zur User Generated Content-Media Company: GoPro veröffentlicht atemberaubendes Entertainment um Sport, Natur, Events, Abenteuer – und wird so zum Zentrum einer weltweiten Community von Video-Liebhabern und –Produzenten.
Die GoPro-Website verzahnt organisch aktuelle Contents, Produkte, einen umfangreichen Service-Bereich – und Promotions. Täglich werden Produkte verlost und regelmäßig neue Contests mit Aufgaben und attraktiven Preisen durchgeführt
GoPros Content-Herzstück ist aber der Youtube-Channel mit tausenden Videos, die sowohl vom Unternehmen selbst als auch von zahlreichen Konsumenten mit GoPro-Kameras und -Equipment produziert wurden. Die Bandbreite reicht von Skateboard, Surf und BMX-Videos, über Unterwasser-Aufnahmen, Safaris etc. bis zu Videos von Events. Daneben gibt es noch weitere Channel wie z. B. den GoPro Tutorial-Channel für Hobby-Filmer mit Tipps zum Filmen und Einsatz des Equipments. Instagram, Twitter und Facebook bieten weitere spezifische Contents, gleichzeitig werden sie zur Distribution der Videos und zur Interaktion mit der riesigen GoPro-Community genutzt.
GoPro-Produkte selbst sind bei allen Inhalten präsent, obwohl sie (vom Standard-Intro abgesehen) fast nie im Bild auftauchen. Der Fokus liegt klar auf dem Content, der mit dem Produkt selbst von Konsumenten und ausgewählten Athleten produziert wird. Das ist nicht nur schön anzusehen, GoPro ermutigt seine Kunden auch, selbst Geschichten zu erzählen – und dadurch einzigartige Erlebnisse im Kontext der Marke zu haben. Gleichzeitig baut GoPro so das erste Media-Unternehmen nur mit user-generierten Inhalten auf.
Link: www.youtube.com/user/GoProCamera
8. LEGO | LEGO Movie
Vom Spielzeug-Fabrikant zum Spielfilm-Produzent: LEGO bietet Tools zum Kreativ-Sein, Plattformen zum Austausch und multimediales Entertainment – und mausert sich so zum Unterhaltungsgiganten.
Die LEGO-Website und diverse Microsites liefern Fans der bunten Klötzchen spezifische Contents zu jeder Produktlinie: Filme, Plot und Charakter-Infos, Mini-Games, Quizze, Umfragen, Download-Contents etc. zu Welten wie LEGO Star Wars, LEGO City usw. Darüberhinaus gibt es ein Forum, Mini-Contests, Tools zum Erstellen, Teilen und Diskutieren eigener Lego-Kreationen, sowie mit MyLegonetwork ein eigenes Social Network für Kinder.
Die LEGO-Produkte sind als zentraler Bestandteil aller Inhalte natürlich omnipräsent und konsequenterweise auch online kaufbar. Gleichzeitig enthalten alle physischen LEGO-Produkte Codes, mit denen man auf der Plattform Inhalte und Belohnungen erhalten kann – wodurch sich der Kreis zwischen Online- und Offline-Angebot schließt.
Bemerkenswert ist, das LEGO Content nicht mehr nur zur Marken-Bildung oder Abverkaufssteigerung einsetzt. Mittlerweile bietet das Unternehmen auch erfolgreich kostenpflichtige Inhalte an, die zum Unternehmensgewinn beitragen und die Marke stärken. Angefangen bei LEGO Videospielen (z. B. PS, Xbox) und Smartphone Games bis hin zum Blockbuster „The LEGO-Movie“ mit 257 Mio. $ Einspielergebnis.
Link: www.thelegomovie.com
Fazit:
Content Marketing von Unternehmen kann weit über digitale Geschäftsberichte oder Kundenmagazine hinausgehen. Marken wie American Express, Nike und LEGO zeigen, wie vielfältig und effektiv „inhaltegetriebene Kommunikation“ aussieht, die sich an Bedürfnissen von Menschen orientiert und ihnen relevante Inhalte mit Mehrwert bietet.
Das kann, muss aber nicht bedeuten, dass alle Marken zu Medienhäusern werden sollen wie Red Bull oder GoPro. Viel Potential steckt auch in Content Marketing-Konzepten wie Nike+, die „Utility“ bzw. Service Design im Kern haben und die Grenzen zwischen Kommunikation und Produkt verschwimmen lassen.
Mitunter können aus Content-Initiativen sogar völlig neue Geschäftsfelder und Business-Modelle wie bei LEGO entstehen – und aus einem Hersteller bunter Klötzchen ein Anbieter von profitablen Videospielen und Blockbuster-Filmen.